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Ein weiteres Jahr wurden die Academy Awards verliehen und ein weiteres Jahr habe ich mir die Nacht um die Ohren geschlagen. Wer hat gewonnen? Wie war Jimmy Kimmel als Moderator? Was waren die Highlights der Show? Und was ist da eigentlich am Ende passiert?
Die Vorberichterstattung
Nur langsam vergingen die Stunden, die ich warten musste, bis die eigentliche Verleihung endlich losgehen sollte. Erst wollte ich einen Film oder zwei Schauen, doch bis ich mich entscheiden konnte, war es dann doch schon später als gedacht. Dann halt doch YouTube-Videos schauen… Um bloß nicht den Anfang der Show zu verpassen, lief nebenbei der Oscar-Livestream von ProSieben, wie immer mit dem deutschen Abgesandten Steven Gätjen. Zum Glück hatte ich die Übertragung auf Stumm geschaltet, wodurch ich von den peinlichen Fragen rund um Filmerei und Kleidermarke weitestgehend verschont blieb.
Die Show
Als es dann schließlich losging, war schnell klar: Diese Oscars werden politisch. Jimmy Kimmel gelang es unerwartet gut, die Kunst des Filmemachens zu feiern und sich gleichzeitig kritisch gegenüber der neuen US-Regierung zu äußern, ohne allzu ernst zu werden. Beispielsweise gab es ein paar Scherze über Meryl Streep, die in diesem Jahr zwar ihre 20. Oscar-Nominierung feiern konnte, eigentlich jedoch total überbewertet sei (Präsident Trump hatte sie so bezeichnet, nachdem sie es gewagt hatte, ihn zu kritisieren). Generell waren die meisten Gags gut gelungen und die Botschaft eher positiv als verbittert, da Kimmel betonte, dass Hollywood in Zeiten der Zerrissenheit dazu beitragen könne, Menschen unterschiedlicher Herkunft zu verbinden.
Ein persönlicher Höhepunkt des Abends war, als der Moderator sich fragte, warum Trump noch nicht über die Oscars getweetet habe und ihm im Live-Fernsehen per Twitter fragte, ob er wach sei. Dieser Tweet ist mittlerweile über 500.000 Mal retweetet worden.
Die einzige Showeinlage, die etwas peinlich wirkte, war die Überraschung, einen Bus voller Touristen, die erwarteten, in ein Museum zu gehen, in die Preisverleihung platzen zu lassen. Die Menschen wirkten jedoch nicht, wie Kimmel behauptete, völlig ahnungslos, sondern kamen bereits mit hoch erhobenen Handykameras in den Saal geschritten, als hätten sie etwas von dem Braten gerochen. Ein netter Versuch, für mich jedoch etwas misslungen.
Die Verleihung
Mit einem Rekord von 14 Nominierungen war das Musical La La Land der klare Favorit des Abends. Letztendlich konnte er 6 Trophäen gewinnen: Beste Regie (Damien Chazelle), Beste Hauptdarstellerin (Emma Stone), Beste Kamera, Bestes Szenenbild, Beste Filmmusik und Bester Song (“City of Stars”). Da er jedoch die seltene Ehre genoss, für die fünf großen Kategorien nominiert zu sein (Bester Film, Beste Regie, Bestes Drehbuch und Beste weibliche und männliche Schauspielleistung) und nur zwei davon Erringen konnte, kann man ihn gleichsam als Gewinner und Verlierer des Abends bezeichnen.
An das Drama Moonlight gingen die Oscars für den Besten Hauptdarsteller (Mahershala Ali), das Beste adaptierte Drehbuch und den Besten Film.
Viola Davis gewann den Oscar für die Beste Nebendarstellerin für Fences, während Casey Affleck als Bester Hauptdarsteller für Manchester by the Sea gewann (und nun endgültig als der erfolgreichere der beiden Afflecks gelten dürfte). Manchester by the Sea staubte ebenfalls die Trophäe für das Beste Originaldrehbuch ab.
Während wenig überraschend Disneys Zootopia den Academy Award für den Besten Animationsfilm gewann, freute es mich ungleich mehr, dass Pixars Kurzfilm Piper den Oscar für den Besten animierten Kurzfilm gewinnen konnte.
Die technischen Kategorien waren dieses Jahr großzügig verteilt: Während Mel Gibsons Kriegsdrama Hacksaw Ridge den Besten Schnitt und den Besten Ton gewann, kommte sich Arrival den Besten Tonschnitt sichern. Die Besten visuellen Effekte gingen verdienterweise an John Favreaus The Jungle Book.
Der deutsche Oscar-Beitrag Toni Erdmann konnte leider nicht den Oscar für den Besten fremdsprachigen Film gewinnen. Dieser ging anden Iranischen Film The Salesman von Asghar Farhadi, der ihn bereits einmal für Nader und Simin — Eine Trennung gewonnen hatte. Für viele internationale Toni Erdmann-Fans (auch ich würde mich da angesprochen fühlen) ist dies natürlich traurig, doch hat die Dankesrede für The Salesman dies wett gemacht. Es wurde ein Brief von Regisseur Farhadi vorgelesen, in dem er verkündete, aus Solidarität mit den Menschen aus sechs muslimischen Ländern, denen im Januar ein Einreiseverbot in die USA ausgesprochen wurde, nicht einreisen zu wollen. Damit war Asghar Farhadi nicht der einzige Künstler, der die Trump-Administration kritisierte, jedoch der, der es wahrscheinlich am nachdrücklichsten formulierte.
Der große Patzer
Die Show war so gut wie vorbei, ich bereitete mich darauf vor, Schlaf nachzuholen (es war mittlerweile nach 6 Uhr morgens), als dann schließlich La La Land den Oscar für den Besten Film gewann. Doch Moment mal: Während der Dankesrede der Produzenten merkte ich bereits, dass im Hintergrund einige Leute auffällig nervös hin und herliefen. Auch Emma Stone wirkte äußerst irritiert, als ahne sie böses. Schließlich kommt die große Überraschung… La La Land hat gar nicht gewonnen, sondern Moonlight. Versehentlich wurde wohl der falsche Umschlag an Warren Beatty und Faye Dunaway, den Moderatoren der Kategorie, überreicht, weswegen diese den falschen Film verkündeten. Eine große Enttäuschung für La La Land, aber unglaubliche Freude für Moonlight.
Ich konnte nicht fassen, was dort gerade im Live-Fernsehen geschah. Der Schock, die Verwirrung, die Enttäuschung der Doch-Nicht-Gewinner und die Nervosität des doch sonst so coolen Jimmy Kimmel… Für den Rest der Preisverleihung saß ich mit offenem Mund vor dem Fernseher, unsicher, was ich denken oder fühlen sollte. Sicher bin ich mir jedoch, dass ich diesen Moment, diesen vielleicht größten Patzer der Oscar-Geschichte, nie vergessen werde!
Fazit
Alles in allem war es eine sehr gelungene Oscar-Show. Kimmel hat eine solide, lustige und kurzweilige Moderation abgeliefert, die Verleihung war politisch, aber nicht zu verbittert. Mit Moonlight konnte ein kleiner Independentfilm den Hauptpreis gewinnen, La La Land ist aber trotzdem der Sieger des Abends. Zwar konnte der deutsche Beitrag Toni Erdmann keine Trophäe mit nach Hause nehmen, dafür durfte ich aber für Pixars Piper Freudensprünge machen. Auch ist die Oscar-Verleihung nach der letztjährigen #OscarsSoWhite-Kontroverse etwas diverser geworden. Leider hat der große Patzer am Ende der Sendung alles in dieser Show in den Schatten gestellt, sodass man sich an die 89. Academy Awards nur als diejenigen erinnern wird, bei denen La La Land NICHT gewonnen hat. Aber was solls: 1. ist Irren menschlich und 2. war dies vielleicht der beste Plot-Twist, der je in Hollywood produziert wurde.
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